Zeitdruck, Stress, viel Arbeit: Steve und Rike Brookland waren mit ihrem Familienalltag unglücklich. Sie entschlossen sich zu einem radikalen Schnitt: Mit ihren zwei Kindern machten sie sich auf zu einer Reise über den europäischen Kontinent, erkundeten ferne Landschaften, lernten neue Menschen kennen. Und haben am Ende sogar eine neue Heimat gefunden.
Der Stress war enorm. Die viele Arbeit, der permanente Zeitdruck, das ständige Gefühl, dass die Kinder zu kurz kommen. „Der Alltag hat uns aufgefressen“, sagt Steve Brookland. „Was uns fehlte, war Zeit. Zeit für die schönen und einfachen Dinge im Leben.“ Und darum stand bei ihm und seiner Frau Rike immer wieder eine Frage im Raum: Möchten wir so wirklich die nächsten Jahre als Familie leben?
Das Fotografenpaar antwortete darauf mit einer alles verändernden Entscheidung. Man kann auch sagen: Sie haben die Notbremse gezogen. Sie kündigten den Mietvertrag für das hübsche Einfamilienhaus in der Nähe von Köln, in das sie so viel Arbeit gesteckt haben, sie trennten sich von einem Großteil ihres Besitzes. Und sie machten sich auf die Reise: ein Jahr lang mit einem Camper durch Europa, mit den Kindern, ohne Verpflichtungen. Im Mai 2018 sind sie losgefahren. „Ausbrechen“ ist das Wort, das Steve benutzt, wenn er davon erzählt, wie sie von Köln aus gestartet sind.
„Uns war klar: Wir wollten freier und achtsamer leben“, sagt Rike. „Wir wollten mit den Kindern unterm Sternenhimmel schlafen, am Lagerfeuer mit ihnen Stockbrot backen, gemeinsam Glühwürmchen im Gebüsch entdecken.“
In ihrem Freundeskreis haben viele diesen Entschluss als radikal, als mutig empfunden. Aber niemand hat den beiden von ihrer Idee abgeraten, keiner hat ihnen Steine in den Weg gelegt. Der neue, einfache Lebensstil hat ihnen gutgetan, sagen die beiden. Vier Teller, vier Tassen, vier Gabeln: Wer wenig hat, kommt auch damit zurecht. Und fühlt sich befreit. „Für uns war die Entdeckung des minimalistischen Lebensstils ein Wendepunkt“, sagt Rike.
„Der minimalistische Lebensstil tut uns gut.“
Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland: Erst einmal hat es die Familie in Richtung Osten gezogen. Über ihre Reise haben sie auf einem Blog mit dem Titel „Wir woanders“ berichtet. Auf der Website und auch bei Instagram sieht man die schönen Bilder, die unterwegs entstanden sind. Bruder und Schwester Arm in Arm in der Abendsonne. Die griechische Festungsanlage Akrokorinth. Die Tochter, die am Strand sitzt und mit ihren Buntstiften das Meer zeichnet. Ein Schäfer mit seiner Herde in der rumänischen Einsamkeit. Rike und ihr Sohn in einem steinernen Pool. Es sind Bilder, die von einem unbeschwerten Leben erzählen.
Unterwegs waren sie mit dem Carado-Modell A464. Das Besondere an den Fahrzeugen der A-Serie ist, dass sie durch das Alkovenbett über der Fahrkabine mehr Platz zum Schlafen und zum Wohnen bieten. Für die vierköpfige Familie war es perfekt. „Das Wohnmobil ist für uns wirklich zu einem Zuhause geworden“, erzählt Steve. Der Platz hat ihnen in dem über sieben Meter langen Camper immer ausgereicht, zu eng kam es ihnen nie vor. Das Schönste am mobilen Reisen sei aber sowieso, dass man so viel Zeit draußen verbringt, dass man dort spielt, isst, lebt. „Die Natur wird zum Wohnraum.“
Ihre Arbeit haben Rike, die heute 36 Jahre alt ist, und Steve, 38, wegen der Reise nicht an den Nagel gehängt.
Das ist der große Vorteil der Digitalisierung: dass man, obwohl man unterwegs ist, seine Aufträge weiter erledigen kann, dass man mit seinen Kundinnen und Kunden in Kontakt bleibt. Mehr als einen Router und einen Laptop braucht es dafür nicht. Das „digitale Nomadentum“ wird für immer mehr Menschen zu einer verlockenden Variante des Arbeitens, zu einer Alternative zu Büroalltag und „nine to five“ – gerade für Selbstständige, wie es Rike und Steve sind.
Am Anfang waren sie auf ihrer Reise oft rastlos. Sie wollten immer neue Orte sehen, neue Kulturen und Länder entdecken, neue Menschen kennenlernen. Die Abenteuerlust trieb sie voran. Doch je länger sie unterwegs waren, umso mehr nahm diese Unruhe ab. Endgültig verschwunden war sie dann in Portugal, das sie im vergangen November erreichten. In das Land im Südwesten des europäischen Kontinents war die Familie gefahren, um dort zu überwintern. „Portugal ist unfassbar schön, wir waren total überwältigt von den Landschaften dort“, sagt Steve. Gerade in den Wintermonaten lohne es sich, dorthin zu reisen. Dann zeigt sich das Land von seiner ruhigen Seite, dann sind so gut wie keine anderen Reisende unterwegs, dann geht das Leben dort seinen entspannten Gang.
„Wenn man aufgehört hat, zu suchen, dann findet man die schönen Orte ganz automatisch.“ Davon sind Steve und Rike heute überzeugt. Und sie haben noch einen Tipp: Wer auf einer Reise mehr erleben will, soll sich nicht davor scheuen, die abseitigen Pfade, die Nebenrouten, einzuschlagen. Reist man da, wo sonst nur wenige Urlauber unterwegs sind, lernt man Land und Leute viel intensiver und besser kennen. Gerade mit einem Camper geht das besonders gut. Weil man keine Hotels braucht, weil man weniger planen muss, weil man einfach so gut wie überall sein Lager aufschlagen kann.
"Wir haben jetzt alle Freiheiten."
In Portugal wollen Steve und Rike mit ihren beiden Kindern nun auch bleiben. Ein Ort an der Westküste, nicht weit entfernt von Faro, hat es ihnen angetan. Sie schwärmen von der Atmosphäre dort, von den Stränden, an denen sie nun surfen gehen, von der Herzlichkeit der Menschen. Sie erzählen davon, wie sich am Samstag nach dem Markt, an dem die Landwirtinnen und Landwirte in der Region ihr frisches Obst verkaufen, die Bewohnerinnen und Bewohner des Ortes auf dem Kirchplatz treffen, um einen Kaffee zu trinken, wie die Kinder dann gemeinsam spielen.
Die Familie hat dort eine kleine Wohnung gefunden, die Tochter besucht die Schule im Ort, Rike spricht sowieso schon länger fließend Portugiesisch. „Hier wollen wir jetzt erstmal bleiben“, sagen sie. Angst davor, dass es schwierig sein könnte, von dort aus als Fotografen und Filmemacher zu arbeiten, haben sie nicht. Ihr neuer Lebensstil hat ihnen gezeigt, dass man sehr gut mit weniger auskommen kann. Was man gewinnt, ist Lebensfreude. In die alte Tretmühle will die Familie nicht zurück. Und wer weiß, vielleicht zieht es sie irgendwann ja auch mal wieder mit dem Reisemobil in die Welt hinaus? „Wir haben jetzt ja alle Freiheiten“, sagen sie.
Das sind Steve und Rike Brookland. Gemeinsam mit ihren beiden Kindern leben sie ein minimalistisches Leben. 2018 waren sie ein Jahr lang mit einem Carado Reisemobil in Europa unterwegs. Darüber und über ein ortsungebundenes Leben berichten sie auf ihrem Reiseblog www.wirwoanders und auf Instagram @wirwoanders.
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